The Quarter Life Crisis Diaries: Time
Ich weiß
garnicht, wann ich zum ersten Mal darüber nachgedacht habe, dass ich
älter werde und das Leben in Phasen eingeteilt ist, aus denen man
rauswächst, ob man möchte oder nicht, egal ob man sich Be- oder
Entschleunigung wünscht.
Ich weiß
aber, dass ich als Kind einmal spätabends weinend meinen Vater
umarmte und ihm schluchzend mitteilte, dass ich meine
Lieblingsmusikkassette von früher gehört hatte und mir klar
geworden war, dass es nie wieder so werden wird. Kein absolutes
Babyspielzeug mehr, keine Buntstiftmalereien an den Wänden mehr.
Stattdessen Grundschulalltag und mehr Eigenständigkeit. Keine
Ahnung, ob er das in dem Moment verstanden hat. Ich muss 6-7 gewesen
sein, und für eine Lebenskrise find ich das schon ziemlich früh.
Die
Quarter Life Crisis setzt sich für mich aus vielem zusammen, und
dieses Unbehagen gegenüber Zeit und Veränderung ist ein großer
Teil davon. Ich habe kein Problem damit, neue Musik kennenzulernen,
ein Kaninchen zu adoptieren, wenn ich vorher ewig komplett
haustierlos war, oder von der Schule in den Job zu wechseln – das
sind verdauliche Veränderungen.
Schwieriger
wird’s, wenns darum geht, zurückzublicken und festzustellen, dass
man Menschen nicht mehr kennt, denen man vor 10 Jahren so nah war,
dass sie locker noch neben einem sitzen könnten, wenn man mal rüber
linst. Oder wenn man wegzieht und es einem so vorkommt, als ob die
Zeit am Heimatort rast, und man kann gerade einfach nicht hin. Man
fragt sich, wie schnell der nächste Moment wohl um sein wird, ob es
in 15 Min schon 2018 ist und man realisiert, dass man in dem Alter
angekommen ist, das man sich nie vorstellen konnte, weil es so weit
weg war. Verwandte, die man selten sieht, sind plötzlich fast grau,
und beim Philosophieren mit Arbeitskolleg_innen erfährt man, dass
sie es genauso komisch finden, plötzlich 0815-Aktivitäten wie am
Wochenende Badminton spielen zu mögen.
Zeit
verändert alles. Ich bin immer dafür, mit dem Flow zu gehen, und
sich selbst und andere nicht für seine Hobbies und Vorlieben zu
judgen, aber vielleicht judge ich mich selbst schon ein kleines
bisschen. Auch für eigentlich positive Dinge. Ich kann jetzt kochen,
mag Hausarbeit, mag meinen Job, und habe einen dicken Ordner mit
Erwachsenen-Dokumenten im Regal stehen. Aber was würde das 2012-Ich
dazu sagen?
Ich
werde das Gefühl nicht los, dass das weinende Kind in mir nie ganz
weg gehen wird. Vermutlich habe ich zuviel Angst, mich ihm zu
stellen, zu verstehen, welche Phasen und Abschnitte schon wirklich
durch sind, ohne dass ich es mitbekommen habe. Es dämmert mir so
langsam, dass dieses Gefühl gekommen ist, um zu bleiben.
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