7 years ago, you named me Darling

Es tut mir Leid, dass ich Ihren Sohn in Lebensgefahr gebracht habe“, sagte ich förmlich zu deiner Mutter, als wir in der kleinen Küche mit angrenzendem Wohnzimmer standen. Der Weihnachtsbaum war schon aufgestellt. Draußen tobte ein Schneegestöber, wie man es lange nicht mehr gesehen hatte. Nur ein Idiot wäre bei diesem Wetter Auto gefahren. Wir waren zwei Idioten. Auf dem Hinweg hatte sich sein Auto schon im Schnee festgefahren und er war etwas von der Straße abgekommen – die Rückfahrt verlief mit mir auf dem Sitz sanfter. Es war der weißeste und bunteste, aufwärmendste Winter seit langem. Du, deine Familie, dein Zuhause waren wie ein warmes Spielzimmer, in dem ich wieder mehr Kind sein durfte als die Jahre zuvor. Ich brauchte es und ich wusste es nicht. Ich fand mich plötzlich aufgehoben an einem Ort, an dem Zeit und Verpflichtungen keine Rolle spielten. Deine Kommen-und-Gehen-Mentalität und die Abenteuerlust deines Bruders, im Flur all die Schuhe von anderen Gestrandeten. Die nächtlichen Ausflüge zum angelegenen Wald, um wie die Wahnsinnigen Schlittenfahren zu gehen: Halsbrecherisch von einem Auto eine Straße entlang gezogen zu werden, ich und die 14-jährige Freundin deines kleinen Bruders auf dem Rücksitz, deine anderen Freunde in ihren Autos. Ich fast, aber eben nur fast, zu alt für sowas. Ich fand es bekloppt, ich habe es geliebt. Und dann nach langen Nächten die morgendlichen gefüllten Berliner mit Schokopudding, Vanillepudding, Pflaumenmus – wir aßen sie den ganzen Tag über, Uhren gab es nicht. Wenn es dunkel wurde, war es lang dunkel, der Tag wurde von dem Licht angekündigt, das der Schnee reflektierte. In Flames unter der Dusche. Der Song, den du mir geschrieben hast. Euer Bandraum – leicht rauchig und vollgestellt mit Jugend und Shishaqualm und Mädchenherzen und von Taschengeld gekauften Instrumenten – ein Freundeskreis, wie ich ihn noch nie kennengelernt habe. Musiker, Kumpels aus dem Nachbardorf, Freundinnen, die sich untereinander küssten, ich fühlte mich als wäre ich wieder 16 – und ich machte natürlich mit. Silvesterabend, du mit deiner frisch gepiercten Lippe an meiner Haustür, um mich zu entführen. Die Uhrzeit? Weiß ich nicht mehr, das Feuerwerk war ganz weit weg. Die Waldhütte, wo ihr alle gefeiert habt und du noch beschäftigt warst, mich zu umwerben. Der eine Kumpel, der sich immer betrunken ausgezogen hat. Dein Beifahrersitz und die laute Musik, die du mir gezeigt hast. Mein erster iPod, ein Geschenk von dir. Ich auf dem Heimweg im Zug, mein Emopony im Gesicht, Taylor Swift's „Jump Then Fall“ auf den Skullcandy-Ohren. Mein neuer Funken, studieren zu wollen. Die Abende, an denen du Pizzen ausgefahren und ich am Küchentisch deiner Mutter Englisch gelernt habe, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen. All die Bücher, die ich bei dir gelesen habe, in meinem Safe Space. Du hattest mich gerettet und mir auf die Füße geholfen. Du hast mich aus dem Schneesturm geholt.

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